Giersch

Kaum ist die Schneedecke geschmolzen, da treibt der Geißfuß oder Giersch unter den Ecken und dem Gebüsch seine ersten zarten hellgrün glänzenden Blätter. Sehr schnell entfalten sich die Blätter und bedecken den zuvor kahlen Boden mit einen freundlichen Grün. Für den unbefangenen Naturliebhaber ist das ein hoffnungsvoller Anblick. Der Frühling steht unmittelbar vor der Tür.

 

 

Der Giersch ist dem Gärtner gut bekannt, nämlich als unausrottbares Übel unter den Obstbäumen. Da er den Halbschatten liebt, ist er unter Schatten spendenden Bäumen und Sträuchern zu Hause, in feuchten Laub- bzw. Mischwäldern, Auwäldern, Obstgärten im Gebüsch und an Zäunen (er wird auch Zaungiersch genannt).

Aus langen unterirdischen Wurzelausläufern kommen die Blätter im April aus dem Boden. Sie sind dreiteilig und jedes Teilblatt ist nochmals in drei Einzelblättchen mit scharf gesägtem Rand geteilt. Der Blattstiel ist dreikantig und am Grund rinnenformig ausgebuchtet. Die Einzelblättchen sind scharf gesägt. Der 60 cm-100 cm hohe, kahle Stängel ist innen hohl und außen gefurcht. Die kleinen weißen Blüten erscheinen zwischen Juni und August. Sie haben fünf Blütenblätter und sitzen in Dolden.

Die Blätter können bis in den November hinein gesammelt werden. Im Frühjahr sind die hellgrünen Blättchen eine aromatische Delikatesse, die am besten für Salate verwendet wird. Später sind sie zäher und schmecken intensiver und sollten daher gekocht verwendet werden, z. B. für Suppen, spinatartige Gerichte und Aufläufe. Der intensive Geschmack hat sicher auch etwas mit dem hohen Gehalt an Mineralien und Spurenelementen zu tun:

Der Giersch enthält in 100 g Blattmasse ca. 17 mg Eisen, 4 mg Bor und je etwa 2 mg Kupfer, Mangan und Titan.
Vitamin C 201 mg , Provitamin A 0,6845 mg , Eiweiß 6,7 g ,  Kalium, ein Saponin, Polyin, Harz, Ätherische Öle

Zum Vergleich: Von den gängigen Gemüsen hat der Grünkohl mit knapp 2 mg den höchsten Mineralstoffgehalt!

Der Giersch heißt auch "Podagra" - Gichtkraut. Früher wurde er zur Heilung der Fußgicht eingesetzt. Außerdem ist er blutreinigend und wirkt allgemein entgiftend.

Wo der Giersch einmal wächst, da lässt er sich so einfach nicht mehr vertreiben. Er breitet sich unglaublich schnell aus und erstickt dabei gnadenlos so manch' anderes zartes Pflänzlein. Dies ist wohl der Hauptgrund, warum Gärtner den Giersch schon seit vielen hunderten von Jahren als lästiges und quasi unausrottbares Unkraut bekämpfen. Ein Kampf aus dem sehr häufig der Giersch als grüner Sieger hervorgetreten ist ... möglich dass der Giersch Pate gestanden hat für den Ausspruch "Unkraut vergeht nicht!" ... ?!

Statt sich jedoch ausschließlich über den Giersch zu ärgern, sollte man lieber die wunderbare grüne unverwüstliche Lebenskraft dieser Pflanze für seine eigene Gesundheit nutzen! Der Giersch ist nämlich ein absolut gesundes Grünfutter mit viel Vitamin C und Karotin. Er schmeckt hervorragend im frischen Salat ebenso wie als Gemüse zubereitet.

 

 

 

 

 

Anwendung:
entzündungshemmend
, harntreibend, reinigend

Das getrocknete Kraut kann als Aufguß bei rheumatischen Beschwerden und Gicht getrunken werden, auch als Badezusatz und als Kompresse bei kleinen Hautverletzungen und Insektenstichen findet es Anwendung.

Für die Wirkung gegen Gicht ist ein hoher Kaliumgehalt in der Pflanze verantwortlich, der zu einer vermehrten Flüssigkeitsausscheidung führt und so die Harnsäure vermindert. Dieser Kaliumgehalt kann eventuell auch bei der Vorbeugung gegen Schlaganfälle eine Rolle spielen, dieser Umstand wird noch untersucht.

Kräuterpfarrer Künzle nannte den Giersch eine "herrliche Medizin" und verschrieb den Absud der Wurzeln auch bei Krampfadern, die Blätter aber bei Verstopfung und Zahnweh. Aus den Schirmblüten machte er Hustentee.

Für einen Tee zerkleinert man frischen Giersch, nimmt 2 El und gießt mit 1/4 Liter kochendem Wasser auf. 5 Minuten ziehen lassen und davon 3 Tassen täglich trinken, aber nicht mehr, da er sonst zu stark entwässert.

Im Kräuterbuch von Jacobus Theodorus "Tabernaemontanus" (1625) steht zum Giersch folgendes:

Jnnerlicher Gebrauch deß Geyßfuß.
Wiewol der Geyßfuß ein veracht unnd unachtsam Kraut ist/ so hat es doch auch seinen gebrauch in der Artzeney uberkommen/ und wird insonderheit höchlich gelobt zu dem Zipperlein/ Gliedsucht und Hüfftwehe. Deßgleichen zu den faulen Fiebern in Wein gesotten/ unnd morgens und abendts darvon getruncken/ oder sonst zun Geträncken gebraucht. Wider die faulen Fiebern sol man die Wurtzel zu Pulver stossen/ und darvon i.quintlein mit Wein darinn Geyßfüsselkraut gesotten worden/ etliche tag nacheinander warm trincken und darauff schwitzen.


Eusserlicher Gebrauch deß Geyßfüssels.
Das Geyßfüssel/ eusserlich Pflastersweiß ubergelegt/ oder damit gebähet/ ist ein gute Artzeney wider das Zipperlein/ Gliedtsucht und die schmertzen der Hüfft. Schweißbäder darvon gemacht/ unnd deß Pulvers ein quintlein mit Wein getruncken/ wann man in ein Schweiß wil gehen/ und wolgeschwitzt/ verhütet den Menschen vor dem Zipperlein und Gliedsucht/ vertreibt das kalt und lauffende Gegicht in den Gliedern. Es ist auch der Geyßfüssel den Wundärtzten bekannt worden/ dann sie es zu heylung der Wunden und allen Schäden gebrauchen/ wie es dann in der Warheit ein fürtreffentlich Wundkraut ist.


Die jungen Blätter und Sprosse kann man in Salaten, Suppen und als Gemüse verwenden. Siehe Rezepte mit Giersch. Getrockneter Giersch lässt sich sehr gut als Gewürz verwenden. Schmeckt hervorragend als Salatgewürz, aber auch an allen anderen Gerichten, an denen auch Majoran oder Oregano passen würde. Der Geschmack ist sehr angenehm aromatisch. Ich verwende ihn inzwischen sehr häufig und auch in selbstgemachtem Kräutersalz ist er für mich nicht mehr wegzudenken.

 

Der Giersch wächst ganz von alleine im Garten,
ohne dass man ihn anzupflanzen oder auszusäen braucht.
Er ist so vital, dass er, einmal da,
nicht mehr wieder wegzukriegen ist.
Von Jahr zu Jahr erobert und ruiniert er
zum Ärgernis der besseren Kräuter, mehr Bodenfläche.

(John Gerard | 1597)

 

Aber nicht nur in der Küche ist der Giersch mit den Jahren in Vergessenheit geraten, sondern auch als Heilpflanze wird er kaum noch beachtet. Dabei wurde er über viele Jahrtausende hinweg als wirksames Mittel gegen Gicht und Rheuma eingesetzt. Der lateinische Artname "podagraria" bedeutet nichts anderes als: "das Podagra (Gicht) heilend".

In England heißt der Giersch goutweed (Gichtkraut) und in Frankreich nennt man ihn podagraire (Gichtheiler).

Die Mißachtung des Giersch als Gichtheiler in der heutigen Zeit mag damit zusammen hängen, dass sich bislang leider noch keine wissenschaftliche Erklärung dafür gefunden hat, welche Stoffe im Giersch sich dafür verantwortlich zeigen, dass sie gegen Gicht helfen könnten. Und was sich nicht wissenschaftlich beweisen lässt, scheint in den Augen vieler Menschen von heute offensichtlich nichts mehr wert zu sein - egal was sich da jahrtausendelang bewährt hat ...Vielleicht ist es aber auch die Ganzheit des Krautes welches wirkt und nicht nur ein einziger Wirkstoff...

Überliefert sind wunderbare Zaubersprüche gegen allerlei Gicht. ;-)

Man nahm an, das die starken Bäume mit den Schmerzen besser zurecht kamen als die gebrechlichen Menschen.

„Guten Morgen, Jungfer Ficht,

ich klag dir 77erlei Gicht“.

 

Zur Weide die auf kalten und nassen Stellen wächst und selber an Gichtknoten leidet, sprach man folgende Worte:

Ach du lieber Weidenbaum,

ich rüttle dich, ich schüttle Dich,

ich bringe dir all meine Schmerzen.

Ich bringe dir meine 77 Gicht

Im Namen Gottes....“

 

Vernünftiger als alle diese Zauberkuren erscheinen uns von unserem heutigen  Gesichtspunkt aus gesehen, volksmedizinische Behandlungsweisen wie Badekuren und Teekuren für Innen und die Frischauflage der Kräuter.

Johann Künzle (1857-1945), Sohn armer Bergbauern im Sankt-Gallischen vernahm während er an einen Ostersonntag im Halbschlaf lag, die Stimme eines Engels. Das Himmelswesen flüsterte ihm zu, er solle den Menschen die wunderbaren Kräfte der Bergpflanzen zeigen. Künzle der schließlich Kräuterheiler und Seelsorger des einfachen Landvolkes wurde, ist einer der wenigen die sich dem Wesen dieser fast vergessenen Heilpflanze öffnete.

 

Giersch - ACHTUNG beim Sammeln !!!
Die Familie der Doldenblütler hat einige sehr giftige Mitglieder, z.B. den Wasserschierling, die leicht mit dem Giersch zu verwechseln sind. Es gibt jedoch ein einfaches und deutliches Erkennungsmerkmal: der dreieckige Blattstielquerschnitt. Ein weiteres untrügliches Erkennungszeichen ist der petersilienartige Geruch des Giersch. Sammler bekommen sehr schnell einen sicheren Blick für die essbaren
Arten der Doldenblütler. Wer aber trotzdem nicht ganz sicher ist, sollte lieber auf die Ernte verzichten.

 

 

Als wir im Jahre 2002 unseren Garten auf einer wüsten Wiesenfläche übernahmen, stellte ich fest das mein Vorpächter doch so 2 oder 3 Pflänzchen gesetzt hatte. Unter anderen fanden wir auch eine kleine zartgrüne Pflanze welche wir hegten und pflegten. Fleißig gossen und aufpassten das die Schnecken diesen kleinen Pflänzchen nichts antaten. Später besuchte mich mal eine Freundin im Garten und ich begriff noch gar nicht recht was sie meinte mit den Worten: "oh du hast Giersch im Garten, na dann viel Spaß damit. Ich würde ihn ja rausreißen und vernichten!" Erst 2 Jahre später dämmerte mir was meine Freundin damals gemeint hat.

 

 

Heute habe ich mit dem Giersch auch keine Probleme mehr. Im Gegenteil, ich musste zu meinen Bedauern feststellen, das mein fleißiges Pflücken und Ernten dem Giersch nicht zu gefallen scheint. Meine schöne zartgrüne Pflanzendecke ist verschwunden und ich muss doch schon suchen um ihn noch üppig zu ernten.... es gibt einfach zu tolle leckere Rezepte dafür****

 

in der Rubrik Rezepte werdet ihr fündig!

 

 

 

 

Nach oben